Alois Nebel
Auf der Tastatur von Jaroslav Rudiš und mit der Zeichenfeder von Jaromír Švejdík entstand eine Comic- Adaption, in der man von den Szenen aus der dunklen Vergangenheit direkt in die Irrenanstalt oder in die Bahnhofskneipe getrieben wird. Erst sind es Vertreibungen, dann Transporte, Aufenthalte ungeladener Nachbarn und dann wieder der frühe Kapitalismus. Da kann man nicht nicht verrückt werden.
Und Tschechien ist voll von solchen Geschichten. Sie entweichen wie der Dampf unter den Topfdeckeln auf dem Herd so mancher geordneter Haushalte, wir stolpern über sie wie über holprige ungemähte Wiesen im Grenzgebiet, der Regen wäscht sie von den Dächern zerfallener Bahnhofsgebäude. Für Filmemacher ein Leckerbissen. Für uns andere die Möglichkeit, in der heute so "behüteten" Welt ein Abenteuer zu erleben. Und obwohl bei Alois Nebel Bild für Bild mit dem Rotoskopie-Verfahren animiert wurde, kann man die einzelnen Drehorte problemlos erkennen.
Im Altvatergebirge (Jeseníky) ist die Natur sehr abwechslungsreich und immer gut für eine Überraschung, sodass ein „verrückter Eisenbahner“ hierher passt wie eine Stecknadel in den Heuhaufen. Schiebereien mit Diesel und die Vertreibung unschuldiger Kindermädchen gehören auch zu unserer tschechischen Geschichte. Das kennen wir doch schließlich alle, nicht wahr? In jedem totalitären Regime gab es so einen Wachek, ob nun jung oder alt … Auf jeden Fall lohnt es sich, ins Altvatergebirge zu fahren. Allein schon deshalb, weil die große Chance besteht, inmitten der Wälder unverhofft dem mit Hollywoods Wassern gewaschenen Schauspieler Karel Roden zu begegnen.
Aus wilden Wäldern führt ein Weg in das bescheidene Dorf Klein Mohrau (Malá Morávka). Im Film handelt es sich um die fiktive Bahnhofsstation Weißbach (Bílý Potok) und fiktive Züge. Hier hat alles begonnen, der Nebel und die Geschichten. Die Gleise und die Züge sind Metaphern des Lebens und im Altvatergebirge bekommt alles schnell den Stempel des Schicksalhaften. Wenn Sie dahingegen wissen wollen, wo alles endete, brauchen Sie ein paar Stunden Zeit und müssen ein paarmal umsteigen, bis Sie auf den Hauptbahnhof in Prag gelangen. Umgekehrt funktioniert das natürlich auch. Egal. „Züge fahren hin und zurück,“ würde Alois sagen, bevor er sich wieder auf die Bank legt.